Test Kawasaki Ninja ZX-6R - Die letzte R6-Konkurrentin | Automotive Fachmedien (2024)

Ergonomie

Ich bin von der Ducati Hypermotard 950auf die Kawasaki Ninja ZX-6Rumgestiegen. Himmel, ist das unbequem. Nein, stimmt nicht, aber sie ist eine echte Supersportlerin, bedeutet: hoher Sitz (830 Millimeter), tiefe Stummel, leicht gestreckte Sitzposition. Nein, man sitzt nicht wie der sprichwörtliche Affe am Schleifstein, aber schon starkvorderradorientiert und mit viel Gewicht auf den Handgelenken. Blick in die Rückspiegel. Schau an, in denen erkennt man sogar mehr als nur die eigenen Ellbogen. Die Sicht nach hinten ist gut. Der Sattel ist bequem, der Tank baut nicht ultraschmal wie bei vielen Zweizylinder-Bikes, aber er spreizt die Schenkel auch nicht unnötig. Die Fußrasten seit typisch für die Klasse recht hoch und etwas nach hinten versetzt positioniert. Für mich hätten sie sogar noch einen Tick weiter hinten sein dürfen, dann hätte ich mich auch noch mehr beim Beschleunigen darin abstützen können. Trotzdem fordert die Sitzposition stramme Bauch- und Rückenmuskelnund Schmalz inSchultern und Unterarmen. Der Windschutz ist mittelmäßig, die Scheibe baut eher flach. Ab Autobahntempo baut sich unter der Fahrerbrust ein Luftpolster auf, der einem angenehm Last von den Handgelenken nimmt.Im engen Winkelwerk gibt es denn nicht und die Physis des Fahrers ist gefordert. Der Tank fasst 17 Liter, die Tankuhr ist aber nur bedingt zuverlässig. Vollgetankt fahrfertig wiegt die Kawasaki Ninja ZX-6R laut Werksangabe 196 Kilogramm. Sie fühlt sich im Stand eher leichter an. Der Tacho bzw. die Instrumente sind vergleichsweise einfach gehalten. Nett: der analoge Drehzahlmesser. Heute fast schon eine Seltenheit bei den Supersportlern.

Handling

Ich will den Kawasaki-Ingenieuren nicht zu nahe treten, aber Handling-Wunder ist die Ninja ZX-6R keines. Im direkten Vergleich zur Yamaha R6 braucht es deutlich mehr Druck am Lenkerstummel, um die Kawasaki in die Kurve zu legen. Auf engen Kursen empfiehlt sich auch der Schenkeldruck, um die Ninja zu positionieren. Nur nicht falsch verstehen: Die 6er-Ninja ist nicht behäbig oder gar schwerfällig, aber der erste Einlenkimpuls braucht eine dominate, kräftige Hand. Dann, einmal abgewinkelt, lässt sich gleich deutlich leichter dirigieren. Und genau diese Handlingeigenschaft macht sich dann später bei ihrer Stabilität bemerkbar: einmal umgelegt, liegt die Ninja satt in Schräglage und extrem stabil. In schnellen, langen Ecken fräst man sich förmlich seinen Weg durch das Asphaltband. Kurven unter 70 km/h sind nicht ihr bevorzugtes Revier, dazu ist sie zu kräfteraubend, um auf Dauer schnell zu sein. Aber wird es flotter, macht die Ninja beständig ihre Meter und Zeit gut. Sie erinnert mich dabei stark an die Suzuki GSX-R 1000. Mir scheint, beide Modelle haben Agilität geopfert, um eine irre Stabilität zu gewinnen. Insofern müssen sich jene, die zwischen Kawasaki Ninja ZX-6R und Yamaha R6 wählen,einfach nur die Frage stellen: Mag ich es wendig und agil, dann ist man im Yamaha-Lager besser aufgehoben. Steh ich auf schnelle Kurven und hohe Kurvenstabilität, wie man es sonst fast nur von den Ducati SBK-Modellen kennt, dann ist man mit der Kawasaki besser bedient. Ein Manko hat sich im Handling jedoch sowohl auf der winkeligen Testrennstrecke als auch auf der Landstraße geäußert. In sehr hoher Schräglage fängt die Front anzu pumpen. Ich konnte leider nicht herausfiltern, ob das Pumpen von der Gabel, dem Reifen oder dem gesamten Vorderbau kommt. Es fühlt sich vergleichbar damit an, wie wenn der Vorderradreifen unter hoher Bremslast an sein Limit kommt, jedoch in Schräglage wo spürbar noch genug Haftungsreserven über sind. In Summe führt es dazu, dass der Reiter bis zu diesem Punkt ein hohes Maß an Stabilität genießt, dann aber auf den letzten paar Grad Schräglage etwas im Dunkeln tappt. Man spürt nicht recht,ob Fahrwerk, Chassis oder Reifen ans Limit kommen. Genau diese Handlingeigenschaft - gepaart mit der hohen Einlenkkraft - haben mich im Sattel der Ninja nicht sonderlich schnell fahren lassen. Irgendwie konnte ich keine vertrauensvolle Beziehung zum Vorderrad aufbauen, obwohl ich den Reifen (Bridgestone S22) und der hohen Stabilität vertrauen geschenkt habe. Bei der Yamaha R6 hingegen war das Vorderradgefühl so dermaßen glasklar, dass ich mich auf der Teststrecke förmlich in einen Rausch gefahren haben.

Motor / Getriebe

Streng genommen schummelt Kawasaki etwas bei der ZX-6R, eh genau so, wie sie es schon seit vielen Jahren machen, sie hat nämlich 636 Kubik und ist damit keine klassische R4-600er. Die Idee hinter dem Hubraumplus: mehr Bumms in der Mitte, sprich ein schöneres Fahren auf der Landstraße. Laut Werksangabe leistet die Ninja - bei maximaler Ram-Air-Leistung - 136 PS, ohne Ram-Air-Effekt sind es noch 130 Pferde. Das Drehmoment wird mit 70,8 Newtonmeter angegeben. Das ist für eine 600er-Supersportlerin recht üppig. Allerdings konnte ich das Drehmomentplus im Landstraßenbetrieb - im direkten Vergleich zur R6 - nicht erspüren. Mir kam es sogar eher umgekehrt vor: Bis ca. 7000 Umdrehungen nehmen sich ZX-6R und R6 nicht viel. Darüber bügelt die Kawasaki die Yamaha gnadenlos. Obenraus spielt die Kawasaki - im Serientrimm - in einer eigenen Liga. Da kommt dann noch ein Bumms, den die R6 einfach nicht hat,trotz höherer Drehzahl. Dafür erlaubt sich die Ninja im untertourigen Bereich spürbare Lastwechsel und hängt nicht immer supersauber am Gas. Das kann einenin Spitzkehren oder beim Abbiegen in der Stadt schon mal zu einer eckigen Linie zwingen. Sind die ersten rund 4000 Umdrehungen überwunden, läuft der Reihenvierzylinder schön weich mit einem aggressiven Ansauggeräusch. Der optionale Akrapovic-Carbonendtopf ist hübsch, macht in Sachen Sound aber nicht so viel her wie die Airbox unter dem Tank. Dafür spart er Gewicht. Überraschend hoch war der Verbrauch: im Schnitt waren es 7,3 Liter, inklusive winkeliger Rennstrecke, Wheelies, Vollgaspassagen und Bummelfahrten auf der Landstraße. Sparsam ist anders. Insofern sollte man die Tankstellenbesuche alle 240 Kilometer einplanen, da die Tankuhr - wie bereits erwähnt - eine wechselhafte Restreichweite ausgibt. Bei der Ninja kommt ein Quickshifter nur für das Hochschalten zum Einsatz. Der Funktioniert gut und unauffällig. Eine Blipper-Funktion - kupplungsloses Runterschalten - wäre ebenfalls nett gewesen, zumal Kawasaki die Technik im Regal liegen hat, aber gut, irgendwie muss etwas eingespart werden.

Fahrwerk

Als ich die 6er-Ninja demImporteur retourniert habe, war ich überrascht: "Das Fahrwerk ist sicher zu weich eingestellt, für die Straße eben", hieß es. Da hab ich große Augen gemacht, da ich das Fahrwerk (Gabel und Federbein) als recht straff empfunden habe. Aber gut, alles der Reihe nach. An der Front arbeitet eine vollverstellbare 41-mm-USD-Gabel - typisch für diese Fahrzeugklasse. Und wie ich meine: Das Setting ist knackig. Am Heck kommt ein angelenktes Federbein mit Ausgleichsbehälter und ebenfalls voller Einstellbarkeit zum Einsatz. Auch das Heck fühlt sich knackig an. Vor allem bei niedrigeren Geschwindigkeiten habe ich das Gefühl, dass das Fahrwerk etwas überdämpft ist. Erst bei flotterer Gangart, wenn man schärfer anbremst, härter ans Gas geht und einfach mehr Druck im Fahrwerk aufbaut, beginnt die Ninja harmonisch zu arbeiten. Bummeltempo mag sie einfach nicht. Drückt man an, wirkt das Fahrwerk nicht mehr knochig, sondern satt und präzise. Gepaart mit der hohen Stabilität lässt es sich dann auch bei Highspeed über vergleichsweise schlechte Straßen fegen, da das Fahrwerk plötzlich arbeitet. Über einen Pass mit vielen Asphaltkanten hat man also die Wahl: Entweder im Bummeltempo drüber und jede Kante in Bandscheiben und Handgelenken spüren, oder deninneren Schweinehund besiegen und Stoff geben, um ausbalanciert über die Unebenheiten zu kommen.

Bremsen

Eine 600er einzubremsen ist per se keine große Kunst. Aber die Nissin-Bremsanlage der ZX-6R ist hervorragend abgestimmt. Der Druckpunkt ist präzise, obwohl sich imTestmodell offenbarein kleines Luftbläschen in der Bremsleitung abgesetzt hat, da ein minimales Fading spürbar war. Der Hebelweg ist knackig, der erste Biss sportlich. Erhöht man den Hebeldruck mit nur einem Finger, ist der zweite Biss supersportlich und die Ninja verzögert transparant und heftig. Dank ihrer stabilen Auslegung bringt man die Bremskraft auch locker auf die Straße. Das ABS setzt spät und sanft spürbar ein. Bis ins ABS bremsen vor Kurven geht und bringt kaum Unruhe in die Ninja. Anders gesagt: eine Spitzenbremse. Die zwei 310-mm-Scheiben haben mit der knapp 200-kg-Ninja leichtes Spiel. Die Hinterradbremse war unauffällig solide. Mehr fällt mir dazu nicht ein.

Aufgefallen

Wie viel Kraft die Ninja bei langsamen Tempo für Richtungswechsel braucht. Agil ist anders. Wie kräftig der Motor obenraus andrückt. Super Bremsen. Knackige Optik, toller Sound aus der Airbox - richtig schön rotzig. Gute Rückspiegel.

Durchgefallen

Das Display ist etwas aus der Mode geraten, die Tankuhr ist zu unpräzise für die Klasse. Der Verbrauch ist überraschend hoch, die Lastwechselreaktionen sind speziell im ersten Gang gewöhnungsbedürftig.

Testurteil Kawasaki Ninja ZX-6R, by p.bednar

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Test Kawasaki Ninja ZX-6R - Die letzte R6-Konkurrentin | Automotive Fachmedien (2024)

FAQs

Wie schnell ist die Kawasaki ZX6R? ›

Technische Daten im Vergleich
Motor und Antrieb
Tankinhalt17 l17 l
Höchstgeschwindigkeit265 km/h
FührerscheinklassenAA
Reifenbreite vorne120 mm
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Wie viel PS hat eine Kawasaki Ninja ZX6R? ›

Technische Daten Kawasaki Ninja ZX-6R 2024

Im letzten Modell kam ein 599 cm³ Vierzylinder zum Einsatz, der 128 PS frei gab.

Wie viel kostet ein Kawasaki Ninja ZX6R? ›

ab sofort bestellbar! Mod. 2024, Baujahr: 2023, 0 km , Preis: 12.595,00 EUR. aus Berlin.

Wann kommt die neue ZX6R? ›

Ab Ende 2023 in Deutschland

Am 6. Juni 2023 verkündete Kawasaki die Rückkehr der ZX-6R nach Europa. Ab November 2023 soll sie verfügbar sein. Den Preis gab Kawasaki mit 12.595 Euro an.

Ist Kawasaki zuverlässig? ›

Der Motor, der in verschiedenen Kawasaki Modellen verbaut wurde, hat sich als sehr zuverlässig erwiesen. Somit sind Laufleistungen um 100.000 km kein Problem bei entsprechender Wartung. Mit regelmäßigem Ölwechsel und vorsichtigem Warmfahren ist das Aggregat beinahe unkaputtbar und sorgt für viel Durchzug in der KLE.

Was ist das schnellste Motorrad von Kawasaki? ›

Das spektakuläre Video findet ihr hier: Kawasaki Ninja H2R fährt 400 km/h. Auch in Drag-Rennen schlägt sich die Kompressor-Kawa gut.

Wie schnell geht die Kawasaki Ninja 650? ›

Technische Daten Kawasaki Ninja 650
HerstellerangabenKawasaki Ninja 650
Bremseneinzeln betätigt, vorne Scheibe, 300 mm, hinten Scheibe, 220 mm
Fahrleistungen / VerbrauchHöchstgeschwindigkeit ca. 195 km/h, 4,5 l/100 km
Preis8245 Euro
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Jan 30, 2023

Wie schnell Kawasaki Ninja 650? ›

Kawasaki Ninja 650
Kawasaki
Hubraum (cm³)649
Leistung (kW/PS)50,2/68 bei 8000 min1
Drehmoment (N m)65,7 N m bei 6500 min1
Höchstgeschwindigkeit (km/h)205
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Wie viel PS hat die stärkste Kawasaki? ›

Nun, davon bekommt man auf der Kawasaki Ninja H2 R mehr als genug, denn mit sage und schreibe 310 PS ist sie der Platz 1 der Top 10 stärksten Serienmotorräder.

Was ist die teuerste Kawasaki? ›

Platz 1: Bimota Tesi H2

Zugegeben, die Chance, eine Tesi H2 auf der Straße zu sehen, ist gering, aber sie ist da. Mit 64.000 Euro steht die Bimota mit dem einzigartigen Fahrwerk und Kompressor-Antrieb von Kawasaki auf Platz 1.

Wie schnell ist die Kawasaki Ninja? ›

Technische Details
Allgemein
HerstellerKawasaki
Kraftstoffverbrauch3,7 L
Höchstgeschwindigkeit203 KM/H
GetriebeManuell
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Wie schnell ist Kawasaki Ninja? ›

Technische Details
Allgemein
HerstellerKawasaki
Weitere Details anzeigen
Höchstgeschwindigkeit116 KM/H
GetriebeManuell
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Wo werden Kawasaki Motoren gebaut? ›

55 oben), war 1961 das erste offizielle Kawasaki-Motorrad, das auch unter diesem, in Japan längst jedem Kind bekannten, Markennamen angeboten wurde. Bis zu 1000 Motorräder täglich kann Kawasaki in seinem Werk in Akashi in der Region Kobe fertigen. Die Montage ist bis heute überwiegend Handarbeit.

Wann kommt die Kawasaki Ninja 650 2023? ›

Kawasaki Ninja 650 2023 Preis und Verfügbarkeit

Interessierte müssen sich jetzt aber nicht fürchten. Die Kawasaki Ninja 650 gibt es in Österreich um 8799 Euro, in Deutschland um 8595 Euro und in der Schweiz um 8990 CHF. Gute Nachricht: Die Ninja 650 ist ab sofort am Markt verfügbar!

Wo wird die Kawasaki gebaut? ›

Kawasaki-Motorräder werden seit 1960 in Akashi hergestellt, später auch im Ausland.

Wie schnell fährt ein Kawasaki Ninja? ›

Technische Details
Allgemein
HerstellerKawasaki
Kraftstoffverbrauch3,7 L
Höchstgeschwindigkeit203 KM/H
GetriebeManuell
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Wie schnell fährt die Kawasaki z650? ›

Technische Daten Kawasaki Z650
Herstellerangaben
MotorFlüssigkeitsgekühlter Reihen-Zweizylindermotor, 649 ccm Hubraum, 50 kW/68 PS bei 8000 U/min, 64 Nm bei 6700 U/min; vier Ventile/Zylinder, dohc, Einspritzung, Sechsganggetriebe, Kette
Fahrleistungen und VerbrauchHöchstgeschwindigkeit 192 km/h, 4,9 l/100 km
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Oct 6, 2022

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Author: Edmund Hettinger DC

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Name: Edmund Hettinger DC

Birthday: 1994-08-17

Address: 2033 Gerhold Pine, Port Jocelyn, VA 12101-5654

Phone: +8524399971620

Job: Central Manufacturing Supervisor

Hobby: Jogging, Metalworking, Tai chi, Shopping, Puzzles, Rock climbing, Crocheting

Introduction: My name is Edmund Hettinger DC, I am a adventurous, colorful, gifted, determined, precious, open, colorful person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.